Donnerstag, 27. September 2012

Selbstversuch: 4 Wochen ohne Süßigkeiten

Wenn der Blick auf die Waage (aka Realität) verweigert wird, wenn maßlos Süßigkeiten in allen Farben und Formen geschaufelt werden, wenn man Sport treibt, bloß um sich danach den Bauch mit fettem, ungesunden Essen vollschlagen zu können, ohne dabei ein schlechtes Gewissen verspüren zu müssen, dann ist es Zeit, etwas an diesen merkwürdigen Gewohnheiten zu ändern.

In 10 Tagen steht ein 10km-Lauf an, den ich gerne schnell laufen würde. Nicht ganz unerheblich ist dabei das Gewicht, dass man dabei auf die Strecke schleppt. Also könnte man zur Erreichung der Gewichtsreduktion mehr Sport treiben. Oder weniger essen. Oder andere Dinge essen. Vorgestern erwischte ich mich wieder dabei, wie ich einer Süßigkeiten-Heißhunger-Attacke erlag. Das ging mir in den letzten Wochen häufig so. Natürlich habe ich durch die Lauferei und auch das Krafttraining einen erhöhten Kalorienbedarf. Allerdings glaube ich nicht, dass es auf lange Sicht gut ist, diesen mit Schokolade, Keksen und Gummibärchen zu decken. Mein Aha-Erlebnis vor zwei Tagen ereilte mich, als ich auf eine leergefressene Packung Nippon (250g) sowie eine in Einzelteile zerlegte Milchriegel (billig Kinder-Riegel) Packung starrte. 450g Süßes. Gute 2200kcal hatte ich nur mit Süßem verputzt. Und an diesem Tag keinen (!) Sport getrieben. Letzteres ist für mich eher selten, Süßigkeiten in diesen Mengen nicht unbedingt. In der letzten Woche hatte ich u.a. eine 300g-Tafel Milkaschokolade an einem Abend verschlungen, eine Packung Schokokekse (ohne Gleichen für Arme) und eine halbe Packung Malzwaffeln im Laufe eines Tages inhaliert. Dazu kamen immer wieder Gummibärchen und das von mir abgöttisch geliebte Nutellabrot. Wenn Brot alle ist, gerne auch mal Nutella pur.

Deshalb habe ich gestern einen Entschluss gefasst: 4 Wochen lang keine Süßigkeiten mehr! Ich fühle mich ein wenig wie ein Abhängiger. Und klar, das ist wieder so eines dieser bescheuerten Vorhaben, die nicht wirklich die Wurzel des Problems angehen (warum isst der kleine, traurige Mensch Süßigkeiten? Fehlt ihm irgendwas im Leben, weshalb er sich Befriedigung in Schokolade sucht?). Aber ich gehe an diesen Regalen in Supermärkten vorbei, habe im Grunde nicht vor, mir was Süßes zu holen - und schwupps: wieder was im Korb. Der nächste Schritt ist dann die Rechtfertigung mit dem allgegenwärtigen schlechten Gewissen, dass ich ja genug Sport mache und das schon verkraften könne, weil ich sowieso nicht zunähme. Schlimm sind dann noch die Aussagen von Freunden, dass ich sowieso mal zunehmen müsse oder dass ich ja, noch schlimmer, immer dünner würde. Diese pack ich dann auch immer aus, nach dem Motto: Ich darf nicht vom Fleisch fallen! Hinzu kommt bei mir, dass ich mich dabei ertappe, gewisse Tätigkeiten mittlerweile mit dem anfallartigen Fressen von Süßpapp zu verbinden. Wenn ich mir irgendeine Serie anschaue, muss ich dabei was futtern. Ansonsten merke ich, wie ich nervös werde und nicht mehr weiter schauen kann. Ich sehe das durchaus als nicht allzu positives Signal. Ganz davon abgesehen, dass Süßigkeiten in diesen rauen Mengen nicht gut sein können, abseits dessen, ob ich davon nun zunehme oder nicht.

Deshalb will ich mal vier Wochen darauf verzichten. Die Regeln sind einfach: Alles, was in der Süßigkeitenabteilung liegt, wird nicht angerührt. Hinzu kommen Gebäcke, die Süßes beinhalten, wie Muffins oder Schokocroissants, Amerikaner, Plunderteilchen usw.... mjamm... okay - Konzentration! Selbstgemachte Süßigkeiten fallen auch weg. Einzige Ausnahme sind die sonntäglichen Gebäcke meiner Mutter. Aber da gilt es Maß zu halten. Ein Stück. Mehr nicht.
Ich mache das aus dem einfachen Grund, weil ich mich nach dem Verschlingen dieser Massen immer unwohl fühle, ein schlechtes Gewissen habe. Und ich würde gerne wieder mehr Kontrolle über mein Essverhalten haben und mich nicht so sehr von Gelüsten leiten lassen. Das ist in den letzten zwei Monaten wirklich eingerissen.
Gewichtstechnisch habe ich (noch) keine Probleme. Da ich so viel Sport mache, habe ich nicht drastisch zugenommen, ich war aber die letzten zwei Wochen auch nicht auf der Waage. Mein Wettkampfgewicht sind ca. 77kg, ich schätze, momentan bin ich bei 80kg. Kein großes Ding. Wenn ich in vier Wochen bei 78kg bin, ist alles gut. Ich mache das nicht vorrangig, um abzunehmen, das passiert sowieso mit der vielen Lauferei.

Ich werde hier einfach mal berichten, wie es sich so anfühlt, wenn ein Schoko-Junkie wie ich vier Wochen auf kalten Entzug gesetzt wird. Ich vermute mal, dass der Anfang am schwersten wird.

Kein Frankfurt Marathon - lieber 10km-Geballer

Dem aufmerksamen Leser könnte in meinem letzten Post aufgefallen sein, dass ich mit der Art und Weise meiner großen Ankündigungen nicht zufrieden bin. Immer irgendwas vorhergesagt, verlangt, prophezeit und nie eingehalten. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat die Ankündigung zum Frankfurt Marathon. Natürlich hatte ich wirklich vor, ihn zu laufen. Ich hatte schon im Mai oder so einen Freistart dafür erhalten. Dann allerdings kamen mir diverse Zweifel an meinem Vorhaben.

  1. Warum zwei Marathons im Jahr laufen?
  2. Warum zum dritten Mal innerhalb eines Jahres den gleichen Trainingsschwerpunkt legen?
  3. Wenigstens einmal im Läuferleben auch kleinere Distanzen trainieren (Verbesserung der Grundschnelligkeit usw.).
  4. Lieber richtige Grundlagen für nächste Saison legen in Form von Kräftigungsübungen für die Beine und Lauf-ABC.
  5. Erst wieder Langstreckenvorbereitung, wenn neues Schuhwerk erworben wurde.
Dazu kamen kleinere Beschwerden mit meinem linken Knie, die aber schnell wieder verschwanden, jedoch die Gedanken an mehr Kräftigungsübungen noch befeuerten. Deshalb entschied ich mich im August dazu, die Vorbereitung für Frankfurt sein zu lassen und stattdessen mal gezielt 10km-Training zu betreiben.
Am 07. Oktober ist jetzt ein 10km-Wettkampf in Wiesbaden, auf den ich mich momentan vorbereite. Bislang läuft das Training ziemlich gut. Jetzt würde ich bis dahin gerne noch ein wenig an Gewicht verlieren. Mit etwas Glück könnte eine neue 10km-Bestzeit rausspringen. Meine aktuelle stammt ja von der Bahn und ist somit nicht unbedingt vergleichbar mit einer Zeit, die in einem Wettkampf gelaufen wird, zumal dieser auch relativ hügelig daher kommt.
Danach gibt es am 14. Oktober den Mainuferlauf, in dessen Rahmen auch ein 10km-Wettkampf angeboten wird. Wahrscheinlich werde ich diesen auch noch laufen. Die Strecke ist flach und an letztes Jahr, als ich dort den HM lief, habe ich noch sehr gute Erinnerungen.
Ich hoffe, dass ich durch das hier darüber Schreiben meine Ziele nicht wieder korrumpiere und mir jetzt kurzfristig wieder was dazwischen kommt...

Für Interessierte, hier mal exemplarisch meine letzte Trainingswoche im Überblick:

Mo. 17.09.: langsamer DL 12,22km in 1:09:50std
Di. 18.09.: Intervalle 5x1000m (3:50 - 3:51 - 3:49 - 3:48 - 3:52) mit 400m TP, 2km Ein-, Auslaufen
Mi. 19.09.: lockerer DL 11,24km in 1:02:00std
Do. 20.09.: mittlerer DL 12,62km in 1:02:01std
Fr. 21.09.: Tempodauerlauf 8km in 4:16min/km, 2km Ein-, Auslaufen
So. 23.09.: langer Dauerlauf 19,79km in 1:46:19std (leicht hügelig)
Gesamtdistanz: 79km

Diese Trainingswoche ist gar nicht so verschieden von meinem üblichen Marathontraining, außer dass die Distanzen geringer sind und die Intensitäten etwas höher. Diese Woche hatte ich 400m-Intervalle dabei. Die machen richtig Spaß, weil ich da mal so richtig losballern kann. Die Pausen sind auch recht kurz zwischen den Intervallen, so dass ich richtig gefordert bin. Morgen werde ich einen 10km-TDL durchführen, evtl. noch ein wenig schneller als den letzte Woche. Nächste Woche noch einmal 5x1000m-Intervalle und danach ein wenig ausruhen für den Wettkampf.

Fazit: Auch 10km-Training macht viel Spaß!

Dienstag, 18. September 2012

Mein Blog und ich: Ein Zwiegespräch

Liebes Blog,

wir zwei haben ein Problem. Ich lese dich ab und an und erkenne, dass du stets irgendwelche Vorhaben für die Zukunft hast, diese dann aber regelmäßig und aus unterschiedlichen Gründen nicht erfüllst. Sei es Krankheit, Verletzung, fehlende Motivation oder irgendeine fixe Idee, die gerade wieder in deinem Gehirn entsteht. Warum bist du in letzter Zeit so unvorhersehbar, so sprunghaft in deinen Entscheidungen? Da waren die zwei 10km Läufe, die nicht absolviert wurden. Dann das Vorhaben, im August einen Halbmarathon zu laufen, dazwischen sollte nochmal ein 10er kommen. Nichts von alldem ist passiert. Warum trittst du hier trotzdem in schöner Regelmäßigkeit deine Ziele breit und viel zu selten aktuelle Geschehnisse, die dir tatsächlich passiert sind?

Ansonsten: Wirklich schöne Texte hier dabei! Die Armstrongstory war ein bisschen an den Haaren herbei gezogen, aber Respekt vor deiner Hirnakrobatik.

Liebe Grüße
Jan


Lieber Jan,

ich erkläre dir jetzt mal etwas: Nur, weil du dich mit den geplanten Vorhaben und nicht erfüllten Zielen nicht identifizieren kannst willst, heißt das noch lange nicht, dass irgendjemand anders als du selbst dafür verantwortlich ist. Du tust hier gerade so, als stünde der ganze Käse hier ohne dein Zutun auf diesen Seiten. Ich rate dir für die Zukunft dieses Blogs und somit für mein eigenes Wohlergehen, dass du hier nicht mehr großspurig irgendwelche Träume und Wünsche postest, sondern nur noch tatsächliche Geschehnisse und interessante Begebenheiten. Wenn du nix zu berichten hast, lass deine Griffel von der Tastatur und behalte deine Läuferphantasien für dich. Es ist noch niemand durchs Nachdenken schneller geworden. Und nichts ist schlimmer und langweiliger als die niedergeschriebenen Phantasien eines mittelmäßigen Läufers. Seien wir doch mal ehrlich: Selbst die tatsächlichen Berichte reißen hier niemanden vom Hocker. Das Spannendste, was hier auf diesen Seiten passiert ist in den mittlerweile fünf (!) Monaten, war, als du dir fünf Tage vor dem Paris Marathon den Zeh an deiner scheiß Hantel gestoßen hast. Lass' dir mal auf der Zunge zergehen, wie erbärmlich langweilig und uninteressant das ist! Hinzu kommen dann noch deine Träumereien. Okay, würden sie dann wenigstens in die Tat umgesetzt, könnte der geneigte Leser eventuell einen Erkenntisgewinn für sich daraus ziehen, beispielsweise wie man Vorhaben trotz widriger Bedingungen umsetzen kann. Wenn du dich geschickt anstellen würdest, könntest du also den Weg von der Idee in deinem verwirrten Kopf bis hin zur Umsetzung auf der Strecke nachzeichnen. Das wäre doch mal was. Dazu braucht es aber auch Durchhaltevermögen. Die letzten Monate kamst du mir eher vor wie einer, der sich nicht traut, etwas auch durchzuziehen. Weißt du, wo man solche Typen wie dich gut gebrauchen kann? Im Badezimmer am Haken. Denn da gehören Waschlappen nämlich hin. Verstehst du was ich damit sagen will? Richtig, du bist ein Waschlappen. Dir muss man anscheinend alles schriftlich und zweimal erklären, damit du es verstehst. Was ich hiermit getan habe.

Na toll, siehst du, was hier gerade passiert? Jetzt tu' ich selbst schon so, als hätte ich eine eigenständige Existenz... ein Blog, das seinem Ersteller antwortet - wie wäre es mal mit professioneller Hilfe, lieber Jan?

Trotzdem danke ich dir für die offenen Worte. Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung.

Liebe Grüße
Blog


Liebes Blog,

puuh, also das muss ich erstmal verdauen. Ich hab hier den ganzen Unsinn geschrieben, die ganzen Vorhaben nicht erfüllt, immer wieder neue Wettkämpfe geplant und dann nicht absolviert? Das hieße ja, dass ich der faule Sack bin. Dass ich der Träumer von uns beiden bin. Und du nur das Produkt meiner Gedanken! Aber reicht nicht die Tatsache, dass ich hier von dir diese Antwort bekommen habe, für die Bestätigung meiner Eingangsvermutung, nämlich dass du doch selbstständig denkst, schreibst und handelst? Andererseits: Mir kommen diese nicht erfüllten Phantasien irgendwie vertraut vor... und deine harte, schonungslos offene Art auch. Vielleicht bist du also doch ein Teil von mir?

Weißt du, liebes Blog, an wen du mich erinnerst? An einen guten Bekannten. Der heißt Willen. Ich weiß, ein beschissener Name. Aber wer sucht sich schon seinen Namen aus? Du heißt Blog. Als ich klein war, hieß das "Block" mit nem ordentlich harten "Zäka" am Ende und ich hab da was mit der Hand reingeschrieben. Du bist dagegen irgendwie der weichgespülte, warme Bruder vom Block. Aber schweifen wir nicht ab....
Jedenfalls treffe ich den Willen ziemlich regelmäßig. Aber immer nur bei Tätigkeiten, die ich gerne ausübe. Wenn ich etwas nicht gerne mache, seh ich ihn nie. Der Willen ist eine sehr vielschichtige Persönlichkeit. Er motiviert mich, Dinge anzupacken. Ich habe ja ziemlich viele Ideen in meinem Kopf, aber ich kann sie nur umsetzen, wenn Willen mit dabei ist. Ohne ihn gibt es keinen Start. Ohne ihn bleiben die Ideen Ideen und werden nicht umgesetzt.
Mit ihm habe ich schon viele Vorbereitungen zum Marathon durchgestanden. Bei Schnee und Eis gelaufen, bei brütender Hitze, Platzregen, Hagel, Sturm, Gewitter, Eiseskälte. Wenn er dabei ist, kann ich die Idee in die Tat umsetzen. Er funktioniert wie ein Katalysator für mich. Und plötzlich erscheinen auch die anstrengenden, nicht so schönen Teile der Idee nicht mehr ganz so schlimm. Er hilft mir, auch schwere Situationen durchzustehen. Und wenn es dann hart auf hart kommt, wenn es mir während eines Rennens wirklich einmal nicht so gut geht und ich eigentlich nicht mehr kann, dann kommt Willen um die Ecke und brüllt mir in mein Ohr. In Paris war er das letzte Mal so richtig nah bei mir und schrie: "Jetzt streng dich an, noch drei Kilometer, du liegst gut in der Zeit! Wenn du jetzt nochmal alles rausholst, kannst du es schaffen! Oder willst du hier jetzt krepieren und deinen Traum begraben? Wofür hast du eigentlich die letzten drei Monate so hart trainiert? Um hier jetzt wie ne Schwuchtel vor den paar Minuten Schmerz zu kapitulieren!? Sei kein scheiß Waschlappen, sondern beweg deine Stelzen! RENN VERDAMMT NOCH MAL!!!" Das klingelt hinterher immer ziemlich im Gehörgang, wenn er mich so anschreit. Aber es hilft. Und du hast dich in deinem letzten Brief genau so angehört.

Also habe ich jetzt zwei Vermutungen, liebes Blog. Entweder ist Blog dein Pseudonym und du bist eigentlich Willen (btw.: Das würde passen, zwei ähnlich beschissene Namen) oder ich bin nicht mehr ganz dicht und du und Willen sind beide ein Teil von mir...

Um Aufklärung bittend
Jan


Lieber Jan,

ich bin ja kein Psychologe, aber das hört sich wirklich bedenklich an, was du mir hier auftischst. Ein Typ, der immer dann um die Ecke kommt, wenn du etwas gern machst und der dich anschreit, wenn es dir schlecht geht, was bewirkt, dass du dann Qualen besser aushältst!? Wo soll ich anfangen, diese abnormalen Hirngespinste zu entfriemeln? Vielleicht hast du ja auch latente homosexuelle Neigungen? Wie ich darauf komme? Naja, vielleicht ist dieser Willen ja nicht dein Bestärker bei tollen Vorhaben, sondern die Ursache, weshalb du überhaupt etwas gut findest. Du findest die Lauferei toll, weil dieser Willen dann immer da ist. Er bestimmt also, woran du Spaß hast und woran nicht. Und dass du Qualen besser aushältst, wenn dich jemand anbrüllt, hört sich für mich nach einer ausgeprägten masochistischen Ader an. Geh dem doch mal nach...
Aber Spaß beiseite, ich will dich ja nur ärgern. In Wahrheit ist es doch so: Willen und ich, das momentan übelgelaunte Blog, sind eine Person. Wir zwei gehören auch zu deiner Person, wir drei sind also eins. So einfach ist das. Was die Motivation angeht, weshalb du immer diesen Willen dabei haben musst um etwas zu erreichen, jemanden der dich anbrüllt in Situationen, in denen es dir schlecht geht: Ohne diesen Teil in dir würdest du nichts erreichen. Er ist der wichtigste Teil in dir, auf ihn solltest du hören. Er tut dir gut.

Hör auf mich
Blog


Liebes Blog,

ja okay, ich sehe ein, dass ich das alles irgendwie bin. Dass ich der Träumer und Phantast bin, war von Anfang an klar. Dass ich du und Willen bin, habe ich jetzt auch erkannt. Dass ich nicht mehr ganz dicht bin, ist auch klar. Aber damit wollen wir uns jetzt lieber nicht beschäftigen, manchmal ist es auch besser, keine schlafenden Hunde zu wecken. Wer weiß, was noch alles zu Tage tritt, wenn ich wirklich mal meine unbewussten Antriebe und Motivationen ergründen möchte.

Was mich stört, ist der letzte Teil deines Briefs. Dass der Willen das Entscheidende ist. Da widerspreche ich dir. Er ist ein bedeutender Teil von mir. Aber bei weitem nicht alles, was mich ausmacht. Er ist ein guter Helfer in schweren Situationen. Aber er ist niemals da, wenn ich eine Tätigkeit ausübe, die ich nicht gerne und mit Herzblut mache. Dann, wenn ich ihn also am dringensten brauche, verkriecht er sich. Er macht es sich damit sehr bequem wie ich finde. Ich buckel mir also alleine einen ab, wenn ich etwas nicht gern mache. Alsbald merke ich dann, dass es nichts bringt, diese Tätigkeit weiter auszuüben. Und dann fängt der Prozess an, der entscheidend ist. Ich muss mir etwas suchen, was mir Spaß macht. Und wer hilft mir dabei? Niemand. Das ist auch richtig so, denn ansonsten ließe ich mich viel zu sehr beeinflussen vom Geschwätz Anderer. Ich brauche dafür meine Ruhe, muss in mich gehen und fühlen, was ich als nächstes machen will. Der Willen kann mir dabei nicht helfen. Der brüllt immer so und ist furchtbar laut. Der will mich immer zu Höchstleistungen treiben, auch wenn das beizeiten gar nicht möglich ist. Ist dir mal der Gedanke gekommen, dass ich deshalb dieses Jahr so oft krank und verletzt und unmotiviert war? Ab und zu muss man auch mal einen Gang rausnehmen und in Ruhe schauen, was man wirklich will. Klar, ich will laufen. Aber ich will nicht wie verrückt immer schneller werden. Der Willen kann immer nur nach vorne und ziemlich laut funktionieren. Das Inspirierende am Laufen sieht er nicht. Es ist zwar ein tolles Gefühl, wenn man sich selbst überwindet und Ziele erreicht, die man sich gesetzt hat. Aber mit dieser Geisteshaltung kann man keine neuen Vorhaben planen. Das endet im Desaster. Was bringt es mir, wenn ich zum zehnten Mal den gleichen Marathon laufe und jedes Mal ein bisschen schneller werde? Der Willen fänd das ziemlich klasse. Ich finde das ziemlich phantasielos. Deshalb will ich mir mal eine andere Herausforderung suchen. Und wenn ich die gefunden habe, werde ich auch wieder den Willen brauchen. Das Gute an ihm ist, dass er so verlässlich ist. Aber eben nur in einem begrenzten Tätigkeitsfeld. Man darf ihm nicht zu viel Raum geben, sonst frisst er einen auf. Und dann würde ich den Spaß verlieren. Aber keine Angst, liebes Blog: Ich werde weiterhin laufen. Und tolle Sachen in dich reinschreiben.

Im Übrigen: Mach' dich nicht immer so schlecht, hier stehen doch ein paar interessante Geschichtchen drin. Du bist manchmal ein ziemlich zynisches Arschloch.

Liebe Grüße
Jan