Sonntag, 22. April 2012

Maarauelauf 2012

Heute stand dann der Maarauelauf an. Endlich mal wieder laufen - ich hatte jetzt seit Mittwoch die Laufschuhe im Schrank stehen gelassen und freute mich auf eine nette Trainingseinheit. Ich traf mich vor dem Start mit einem guten Freund und einer Freundin und wir beschlossen, die drei Runden gemeinsam zu bestreiten.

Das Wetter war überraschenderweise schön. Die Sonne schien und es war nicht übermäßig kalt. Ich behielt allerdings meine lange Hose an - da ich hier nicht 100% laufen wollte, hatte ich Angst, unterwegs zu frieren. Meine Freundin wollte diesen Lauf als Vorbereitung für den Gutenberg Marathon, der in zwei Wochen stattfindet, nutzen. Dort will sie gerne unter vier Stunden finishen. Ich schlug vor, dass wir das Rennen heute in 5min/km angehen sollten. Wenn sie das durchhielt, könne sie auch den Marathon unter vier Stunden schaffen. Da sie aber irgendwie ein bisschen Angst vor dieser Geschwindigkeit hatte (sie läuft sonst immer nur komplett nach Gefühl, was ich klasse finde), einigten wir uns erstmal auf 5:20min/km. Wir liefen also zu Dritt los, unterhielten uns nett und ich merkte, wie mir das Laufen schon wieder gefehlt hatte. Am liebsten wäre ich auch einfach davon gestiefelt, aber einerseits wollte ich nicht den Arsch raushängen lassen und meine beiden Freunde im Stich lassen, andererseits ist ein geruhsamerer Einstieg ins Training sicherlich die bessere Alternative nach dem am Anschlag gelaufenen Marathon vor einer Woche.

Den ersten Kilometer absolvierten wir dann auch genau in 5:20min/km und ich merkte, dass bei meiner Freundin noch sehr viel Luft nach oben war. Wir überholten also einige Läufer und näherten uns so dem Tempo zwischen 5:10 und 5:15min/km. Der Lauf an sich ist wie ich finde, sehr schön, er führt drei Runden über die Maaraue, einem... naja "Naherholungsgebiet" am gegenüberliegenden Ufer von Mainz. Das Schöne an der Maaraue, die ich als eine Art Halbinsel bezeichnen würde, ist, dass sie total grün ist. Es gibt dort schöne Wege und an der Uferseite hat man immer das Mainzer Panorama im Blick. Das einzig Unangenehme an diesem Tag war wieder einmal der Wind. Ständig blies er einem irgendwie unangenehm entgegen. Als wir dann auf die letzte Runde gingen, motivierte ich meine Mitläuferin nochmals einen Zahn zuzulegen. Ich weiß nicht, ob es ihr dann noch Spaß gemacht hat, aber sie konnte ihr Tempo nochmal ordentlich steigern und so erreichten wir in guten 55:30min das Ziel nach 11,1km. Somit hatten wir den Schnitt von 5min/km perfekt eingehalten! Ich sollte auch mal Pacemaker bei einem der großen Marathons spielen. Ich kann das einfach perfekt. Leider habe ich keine Ahnung, wo man sich dafür "bewerben" muss.

Mir hat der Lauf großen Spaß gemacht. Endlich mal ohne Stress an einem Laufereignis teilnehmen - einfach nur zum Spaß. Das Tempo bereitete mir auch überhaupt keine Probleme. Ich denke, dass ich den Marathon gut verkraftet habe. Allerdings meldete sich bei mir dann doch ab und an der Ehrgeiz. Allzu oft einen Volkslauf einfach so daher zu bummeln - das werde ich wohl dann doch nicht tun. Ich habe mir schon für die Zeit nach dem Halbmarathon einige Läufe rausgesucht, die ich voll angehen werde, um mal ganz vorne mitlaufen zu können. Ein schöner Spaß wird das!

Samstag, 21. April 2012

Kein Regionalparklauf

Regeneration ist ja das Allerwichtigste nach dem Marathon. Ich bin mir immer nicht sicher, wie das geht. Am besten bräuchte ich auch dafür noch einen Plan, an den ich mich halten könnte. Der Muskelkater war am Dienstag eigentlich schon wieder weg. Am Mittwoch war ich schon wieder eine halbe Stunde laufen, ganz gemütlich. Eine kleine Runde im Kraftraum habe ich auch schon wieder gedreht. So ganz ohne Sport komme ich mir auch immer schlecht vor. Ich habe mir auch einige Leckereien gegönnt, die ich mir in den letzten zwei Monaten fast gänzlich verkniffen habe. Es gab Pizza, Flammkuchen, Burger, Eis, Schokolade, Gummibärchen, Croissants, Nutella, Kekse usw. Wenn ich mir das hier so durchlese ist das schon ein beträchtliches Fettprogramm, was ich die letzten fünf Tage durchgezogen habe.

Aber eine Woche sündigen ist wohl drin. Heute sollte eigentlich der Regionalparklauf anstehen. Aber ich werde ihn nicht laufen. Nachdem ich mittwochs gelaufen bin, habe ich donnerstags merkwürdige "Schmerzen" (vielleicht auch einfach eine Art Ziehen) im linken Unterschenkel gespürt. Vielleicht war der Marathon doch belastender als ich es anfangs vermutet habe. Das ist jetzt aber wieder weg. Meinen angeschlagenen Zeh jedoch spüre ich immer noch ziemlich. Ich habe die Schmerztabletten wieder abgesetzt, um zu schauen, wie es sich so anfühlt. Und um ihn nicht weiter unnötig zu belasten, werde ich heute nochmal eine ruhige Kugel schieben. Morgen den Maarauelauf will ich aber schon nochmal probieren. Sollte der Zeh sich morgens melden, werde ich ihn einschmieren, Pillen nehmen werde ich nicht mehr. Und den Lauf werde ich auch höchstens mittelschnell angehen.

Tja und danach muss ich meinen Hintern langsam wieder in die Vertikale bekommen, da in zwei Wochen schon der Halbmarathon in Mainz ansteht. Hier nochmal eine Bestzeit rauszuhauen, wäre einfach super. Dazu werde ich nächste Woche, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, drei lockere Läufe machen, eine schnellere Einheit, wenn es mir in den Kram passt und vielleicht sonntags zwei Stunden im Schlafwagentempo. So müsste ich meine Form gut halten können, wenn ich sie mit der Fressorgie diese Woche nicht komplett zerstört haben sollte.

Dienstag, 17. April 2012

Einschub: Michelle Hunziker und ihr angeblicher Marathonlauf

Ich surfe ja ab und zu auf dubiosen Seiten herum. So wie gestern Nacht, als ich nach der ganzen Rennerei sonntags den gesamten Tag über viel geschlafen hatte und somit nachts kein Auge zu tun konnte. Also landete ich auf bild.de. Dort war ein Artikel verlinkt, in dem es um Michelle Hunziker ging und wie sie ihren Traumkörper in Form hält. So sei sie den Marathon in Mailand gelaufen und habe sich sogar durch den Regen gekämpft. Ich wollte das nicht so recht glauben. Nur um gut auszusehen, läuft man keinen Marathon. Auf der Ergebnisliste tauchte auch keine Hunziker auf. Sie lief lediglich einen Teil einer Staffel. Hab ich mir doch gedacht. Da wird auf stylebook.de die Legende gesponnen, Frau Hunziker würde Marathon laufen und das Ganze auch noch mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Nun gut. Natürlich kann man einen Marathon laufen und dabei lächeln und sich freuen. Habe ich auch schon gemacht. Aber warum dichtet man ihr einen Marathon an, schreibt auf bild.de auch noch, sie täte das, um ihre Traumfigur zu erhalten, obwohl das alles gelogen ist? Ich als alte Petze habe natürlich gleich an bildblog.de geschrieben und auf den Fehler hingewiesen. Heute mittag wurde dieser dann auch entsprechend veröffentlicht.

Ich frage mich dann, wie so ein Fehler zustande kommt. Einfacher Recherchefehler? Sieht da einer ein Foto von Frau Hunziker beim Marathonlauf und denkt sich einfach eine Geschichte aus, ohne 20 Sekunden zu investieren um nachzuschauen, wie und ob sie denn dort überhaupt gelaufen ist? Sowas ist natürlich möglich. Aber ich hoffe doch, dass die seriösen Journalisten von stylebook.de besser arbeiten. Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, dass dieser Artikel PR-Zwecken dient, um zu zeigen, wie sportlich Frau Hunziker doch ist und wie hart sie für ihren "Traumkörper" arbeitet. Ich weiß nicht, ob es so ist. Aber es ließe Frau Hunziker zumindest in einem helleren Licht erstrahlen. Die Alte muss Marathon laufen, um fit zu bleiben. Meine Güte, die tut aber was für ihren Körper. Jaja... so oder so ähnlich könnte dann der beschränkte Boulevardleser denken (ich lese ja auch den Boulevard, aber nur um die nötige Bettschwere zu erlangen. Andere trinken deshalb Rotwein). Warum erwähne ich das hier überhaupt? Ganz einfach: Die Implikation dieses Artikels, dass Frau Hunziker Marathon läuft, um so hübsch zu bleiben, stört mich. Man muss nicht Marathon laufen, um fit zu sein. Man muss auch nicht Marathon laufen, um schlank zu sein. Man muss nicht Marathon laufen, um toll auszusehen. Marathonläufer sind eine sehr uneitle Gemeinschaft. Man läuft Marathon nicht, um sein Aussehen zu verbessern. Das ist allenfalls ein netter Nebeneffekt. Ich nehme den natürlich auch gerne mit und freue mich, wenn ich im Spiegel aussehe wie ein Chickenwing. Aber ich laufe Marathon wegen der Faszination an der Belastung. Weil man seinen Körper fordert und ihn monatelang auf ein Ereignis vorbereitet. Das Gefühl, alles getan zu haben, um sein Ziel zu erreichen und am Wettkampftag alles aus sich heraus zu holen. Deshalb laufe ich Marathon. Wenn ich bloß fit bleiben möchte, reichen mir eben auch 10km. Und damit könnte man ohne Probleme auch eine tolle Figur bekommen. In dem Artikel wird jedoch suggeriert, es gäbe viele Promis, die Marathon liefen, um ihre tollen Figuren zu behalten. Aufgeführt werden noch Christy Turlington und Agynes Deyn. Mal davon abgesehen, dass ich von den Tanten in meinem Leben nie was gehört habe, ist es doch bedenklich, wenn man den Eindruck erweckt, es bedürfe eines solchen Aufwandes, um schlank zu bleiben, sportlich auszusehen oder dergleichen. Um fit zu sein, reichen eben ein paar Mal die Woche Sport. Oder auch nur einmal die Woche. Besser ein bisschen als gar nichts. Wenn Artikel wie dieser anderes suggerieren und das Marathonlaufen bloß als Vehikel plumper Aufhübschung verkaufen, fange ich an, mich zu ärgern. Menschen, die was für ihre Figur tun wollen, werden durch so etwas doch tendenziell eher abgeschreckt. Um auszusehen wie die Promis muss man keinen Marathon laufen. Dafür reicht es, sich alle paar Monate Botox in die Fresse zu jagen und ansonsten einmal die Woche in den Fitnesstempel zu stürmen. Dazwischen Crashdiäten ohne Kohlenhydrate und einem Frühstück, das am besten aus Kippen und Kaffee besteht, um die Darmtätigkeit auch ordentlich zu beschleunigen. Denn das entschlackt ja. Um den Grundumsatz zu erhöhen empfiehlt sich wohl noch Kokain. Aber das nur als Tipp.

Paris Marathon - was den perfekten Lauf ausmacht

Zwei Tage ist es jetzt schon wieder her. Ehe die noch frischen Erinnerungen langsam den Weg alles Irdischen gehen, will ich versuchen, meine Eindrücke über dieses Rennen hier festzuhalten. Ich könnte so vieles über diesen Lauf schreiben, ich weiß nicht recht, wo ich anfangen soll und es könnte sein, dass dieser Bericht unstrukturiert daher kommt aufgrund des Versuchs, alle Phasen des Rennens, alle Gefühle, Impressionen und Gedanken in Gänze nieder zu schreiben. Aber fangen wir doch mal chronologisch an und schauen, wohin die Reise geht:

Unser Hotel
Sonntag früh, Hotel du Pré. 5:30 Uhr. Der Wecker klingelt. Ich höre ihn, obwohl ich aufgrund meiner Ohrenstöpsel so gut wie taub bin. Das Schnarchen meines Vaters neben mir habe ich so kaum wahrgenommen und konnte richtig gut schlafen. Um auf Nummer Sicher zu gehen stumpt mich mein Vater an, als müsste ich in zwei Minuten an der Startlinie stehen. Jaja, ich bin doch wach...

Ich hatte am Abend zuvor alles vorbereitet. Die Koffer waren gepackt, die Laufklamotten rausgelegt, Startnummernband, GPS-Uhr, Kniesehnenbandage, Powergels in Shirt- und Hosentaschen verstaut. Ich machte mich kurz frisch (keine Dusche - was gibt es Unsinnigeres als vor einem Marathon zu duschen?). Dann frühstücken. Tags zuvor habe ich ein Messer aus dem Frühstücksraum mitgehen lassen, um mir mein Wettkampfmenü auf dem Zimmer zubereiten zu können. Es gab weiches Weißbrot mit Aprikosenmarmelade oder Apfel-Bananen-Mark. Leichteste Kost also. Ich schob mir genüsslich fünf Scheiben davon rein und trank dazu einen Liter Wasser. Um 7 Uhr machten wir uns auf den Weg. Die Koffer ließen wir im Hotel, um sie nach dem Rennen dort abzuholen.

Draußen war es ziemlich kalt. 4 Grad zeigte irgendwo ein Thermometer an. Wir fuhren mit der Metro zum Startbereich. Es wurde empfohlen, direkt am Arc de Triomphe auszusteigen, da man nur von oben in seinen Startblock kommen könne. Dieser Hinweis stellte sich aber als Lüge heraus. Oben am Arc de Triomphe gab es zwar ein paar Toiletten, die ich auch nochmals aufsuchte, aber ansonsten hätte man ruhig auch von unten die Champs-Elysées hochlaufen können, was einen viel kürzeren Fußmarsch bedeutete. Na egal, die paar Meter Spaziergang haben mich nicht gestört. Ich war weiterhin in meine Joggingklamotten eingepackt und wollte auch noch nicht aus ihnen raus, denn zu den kalten Temperaturen wehte auch noch ein ziemlich kräftiger Wind. Wir stellten uns noch kurz im Häagen-Dasz unter - dankenswerterweise hatte man hier seine Pforten geöffnet. Gegen ein paar kostenlose Snacks hätte ich zwar auch nichts einzuwenden, aber wahrscheinlich nagt der Laden da am Hungertuch, obwohl eine Kugel Eis dort ca. fünf Euro kostet.




Startnummer... ach was!?
Irgendwann sah ich, wie mein Startblock immer voller wurde, also begab ich mich dann doch mal wieder ins Kalte. Ich gab meine Klamotten meinem Vater und ging in den Käfig, der für die 3-Stunden-Läufer reserviert war. Man kam auch nur da hinein, wenn man einen entsprechenden Aufdruck auf seiner Startnummer hatte (s. Foto). Ich kam mir irgendwie fehl am Platz vor. Ich ein 3-Stunden-Läufer? Als ich mit dem Laufen vor sechs Jahren begann, schaute ich ehrfürchtig zu allen Läufern auf, die überhaupt nur einen Marathon zu Ende laufen konnten und jetzt wollte ich hier in einem solchen Tempo 42km durch die Gegend rennen? Irgendwie surreal. Aber ich hatte ja genau dafür trainiert. Ich fing also an, mich warm zu laufen. Wenn man von Laufen sprechen konnte in diesem kleinen Bereich, ca. 30 Meter im Kreis mit Hunderten anderen Läufern. Aber es ging ganz gut. Nach geschätzten 10 Minuten war mir einigermaßen warm und ich stellte mich zu den anderen Läufern, um auf den Startschuss zu warten. Langsam stieg bei mir dann doch die Aufregung. Es ist ja immer das Spannende bei einem so langen Lauf: Was erwartet einen, wie reagiert der Körper und die Psyche auf diese Belastung und wie bin ich in der Lage, Schwierigkeiten zu begegnen? Ich entledigte mich meines Plastiküberzugs und merkte nochmal, wie kalt es eigentlich war. Naja, besser als zu warm, dachte ich mir. Neben mir lauter hagere Gestalten, ich überragte mit meinen 1,93m alle. Irgendwie war ich hier doch falsch. Neben mir pinkelte ein älterer Läufer in eine Wasserflasche. Praktisch. Hoffentlich verwechselte er sie später nicht mit einem Isogetränk.

Dann fiel endlich der Startschuss! Nach ca. 40 Sekunden konnte ich schon über die Startlinie laufen - so weit vorne bin ich noch nie bei einem großen Marathon gestartet. Die Champs-Elysées kenne ich aus unzähligen Übertragungen der Tour de France. Und jetzt lief ich selbst über dieses Pflaster. Auf der ersten Verkehrsinsel nach dem Start stehen Dutzende Fotografen. Blitzlichter flackern auf, die Zuschauer am Straßenrand stehen in mehreren Reihen und feuern die Läufer an. Das war schon ein richtig geiles Gefühl. Bei Weitem der schönste Start eines Laufs für mich bisher. Vor mir liefen die 3:00std-Pacemaker. Ich sah die ganze Zeit zwei. Sie steckten einen größeren Bereich ab, in dem man wohl laufen sollte, wenn man die 3 Stunden unterbieten wollte. Ich war zunächst gute 50m dahinter. Ich wollte mein eigenes Tempo laufen, aber trotzdem schaute ich natürlich, wie sich die Entfernung zu ihnen veränderte.

Mein Vorhaben war ja gewesen, es langsam angehen zu lassen und vor allen Dingen den Puls nicht zu hoch schnellen zu lassen. Erst langsam, dann hinten raus was starten. Das mit dem Langsammachen klappte gut. 1. Kilometer in 4:30min... Puls: 173! Klasse... Zu hoch! Was sollte ich tun? Ich dachte, langsamer geht ja jetzt erstmal nicht, denn das bin ich ja schon. Es war sicherlich die Aufregung oder meine Uhr sponn schon wieder rum. Ich ärgerte mich nur kurz, denn ich musste ständig aufpassen, in den Kurven nach der Champs-Elysées, als man den Place de la Concorde überquerte (ein ebenso beeindruckendes Erlebnis wie vorher der Start), den anderen Läufern nicht über die Füße zu stolpern. Ich wollte außerdem vermeiden, dass mir jemand auf meinen rechten Fuß latscht. Zwar tat mein Zeh nicht mehr weh, aber einen kräftigen Fuß auf ihm wollte ich dennoch vermeiden. Statt dauernd auf die Uhr zu schauen, versuchte ich, die Atmosphäre des Rennens aufzunehmen. Der Himmel war ziemlich grau, es war fast noch ein wenig düster. Dazu die grellen Lichter, die am Place de la Concorde aufgestellt waren, alles wirkte leicht bizarr. Vor mir lief jemand, der gerade von einem Kameramotorrad begleitet wurde. Die Straßen sind unglaublich breit, man passierte die Tuilerien, lief am Louvre vorbei, dann das Hôtel de Ville. Ich dachte mir, ich müsse diesen Lauf einfach nur genießen: Scheiße, wie geil ist dieses Paris eigentlich? Solche und andere Gedanken machte ich mir. Ich schaute bei km3 auf die Uhr. Die letzten beiden km war ich viel zu schnell gelaufen - 4:05min jeweils. Puls: 177. Immer noch zu hoch. Angst machte sich breit. Kurz darauf kam schon der Place de la Bastille. Menschenmassen. Ein Riesenlärm. Ich kenne das nicht von Marathonläufen, dass so viele Leute sich das anschauen. Und dann noch bei der Kälte. Ich fror nämlich immer noch. Eine Getränkestation. Das Wasser wird hier in kleinen Flaschen gereicht - sehr praktisch. Und am Ende stehen verteilt Mülltonnen, in die man die Flaschen reinwerfen kann. Ich versuche mein Glück und treffe eine Zuschauerin voll mit meiner noch fast vollen Flasche am Bauch... Es tat mir Leid! Andererseits: Warum steht die direkt neben dieser Tonne? Gut, ich konnte nicht zielen, aber ich würde sagen, ihr gehören 50% Mitschuld aufgrund blöder Positionierung.

Jedenfalls war die Atmosphäre dieses ganzen Laufs derart einzigartig, dass ich meine Taktik über Bord warf und Folgendes festlegte: Ich bin hier in Paris. Ich bin hier, weil ich den Marathon unter drei Stunden laufen will. Das habe ich mir vor sechs Monaten vorgenommen. Die Bedingungen sind gut. Die Atmosphäre ist genial. Ich fühle mich gut. Ich habe eine Chance. Und die muss ich versuchen, zu nutzen. Der Puls kann mich am Arsch lecken.

Zum ersten Mal beschließe ich, einen Marathon zu laufen, ohne auf den Puls zu achten. Nur nach Gefühl. Die Topläufer machen das schließlich auch. Ich habe jahrelange Lauferfahrung. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn ich mich übernehme. Die Zahlen können auch verunsichern. Der Puls ist von verschiedensten Faktoren beeinflusst. Ich bin schon 10km-Läufe mit einem Durchschnittspuls von über 190 gelaufen. Halbmarathons mit Puls 185. Ging alles. Die Zahlen auf der Uhr sind eine Hilfe, an der man sich orientieren kann - aber nicht muss. Ich laufe also jetzt ganz frei. Auf die Zeiten achte ich trotzdem. Mein Ziel sind ja die drei Stunden. Ich beschließe außerdem, die 4:15min/km einzuhalten. Nicht, weil ich meine, ich müsse das tun, sondern weil dieses Tempo genau meinem Wohlfühltempo entspricht. Ich teste es aus, habe einen km mit 4:05min, der mir ein wenig zu schnell vorkommt, mache etwas langsamer: 4:25min/km. Perfekt. Nach gut einer halben Stunde nehme ich das erste Powergel. Die Tatsache, dass ich fünf davon dabei habe, gibt mir noch mehr Sicherheit, gegen Ende nicht einzubrechen. Es ist sozusagen mein Trumpf im Vergleich zu den vorherigen Marathons. Was habe ich mir nur immer dabei gedacht, mit so wenig Verpflegung auf die Strecke zu gehen?

Die Strecke führt jetzt in Richtung Bois de Vincennes, den östlichen Stadtpark. Es geht immer mal wieder leicht bergauf. Ich ziehe recht flott über diese Hügelchen hinweg um auf den Bergabpassagen etwas zu erholen. Immer wieder kommt mir der Gedanke, dass ich eigentlich austreten müsste. Aber dafür ist nun wirklich keine Zeit. Ich hoffe, dass mit der Zeit andere Bedürfnisse Überhand gewinnen - etwa das Bedürfnis, ins Ziel zu kommen. Und so ist es auch. Gegen Ende ist Blasendruck mein geringstes Problem.

Die 10km-Marke erreiche ich in 42:26 - vier Sekunden unterhalb meines vorgenommenen Tempos. Perfekt! Ich kann das Rennen genießen. Ich weiß, dass ich dieses Tempo locker gehen kann. Ich weiß aber auch, dass es gegen Ende sicherlich nicht einfacher wird. Ich bin gespannt, wie lange ich so flott sein kann, ohne mich quälen zu müssen. Da ich keinen Puls sehe, kommt es ganz auf das Empfinden an. Und hierbei ist ja das Tolle, dass man es sich mit der Zeit unheimlich gut einreden kann, dass es einem noch gut geht. Oder geht es einem tatsächlich gut?

Langsam geht es auf die Hälfte zu. Mein zweites Gel habe ich nach einer Stunde zu mir genommen. Nach ca. 18km merke ich meine linke Wade. Ich frage mich warum. Ich habe ihr nichts getan. Die hat sich sonst noch nie gemeldet. Ich versuche, das leichte Ziehen nicht allzu ernst zu nehmen. Es gelingt. Sie meldet sich zwar im Laufe des Rennens immer wieder, aber eigentlich beeinflusst sie mich nicht.

Ich durchquere die Halbmarathonmarke nach 1:29:41std. Ich bin voll auf Kurs. Kurz nach der Hälfte sehe ich auch meinen Vater. Er ist mit der Metro zum Place de la Bastille gefahren, über den man zweimal läuft und feuert mich an, während er gleichzeitig mit der Kamera filmt. Das gibt mir nochmal zusätzlich ein gutes Gefühl.

Auf dem nächsten Kilometer habe ich kurz vergessen, welche Zeit ich einhalten muss. Egal, das Tempo passt im Moment sehr gut. Ich fange ab dem nächsten Kilometer wieder mit dem Rechnen an. Früher hätte ich mich durch einen solchen Fauxpas aus der Bahn werfen lassen aber an diesem Tag sage ich mir einfach, dass ich lange genug laufe und weiß, wie ich zu laufen habe. Ich muss nicht dauernd rumrechnen, es wird schon passen.

Wir laufen jetzt ein sehr langes Stück am Ufer der Seine entlang - den Eiffelturm immer links vorne im Blick. Ihn müssen wir hinter uns lassen, dann kommt die Tennisanlage Roland Garros, der Bois de Boulogne, das Ziel. So ist der Plan. Ich weiß, je näher ich dem Eiffelturm komme, bis er dann meinem Blick entschwindet, umso ernster wird die Geschichte hier. Es geht jetzt immer wieder durch Unterführungen, unter Brücken hindurch. Dazu geht es erst bergab, danach wieder bergauf. So geht das bestimmt fünfmal. Ich will kein Tempo verlieren. Um mich herum werden die Läufer langsam langsamer. Ganz wenige überholen mich aber auch. Ich laufe ein konstantes Tempo. Die 3:00-Pacemaker habe ich immer noch im Blick, einmal überhole ich auch den hinten Laufenden, aber nur, weil dieser gerade am Straßenrand zum Pinkeln anhält. Eine Minute später saust er wieder an mir vorbei.

Ich kann den Blick auf die Seine genießen, den Eiffelturm bestaunen - ein unfassbares Bauwerk. Ab und an rufen französische Zuschauer meinen Namen, mit teilweise sehr interessanter Aussprache: von Yann bis Schahn ist alles dabei (also lautschriftenmäßig). Immer wieder gibt es "Fotozonen", die per Megafon angekündigt werden: Attention!! Zone Photo! Links und rechts am Straßenrand sowie auf einer Verkehrsinsel steht ein Haufen Fotografen und schießt Fotos von den Läufern. Ich versuche, jedesmal nicht allzu angestrengt auszusehen, aber ich weiß nicht, ob mir das bei km28 noch gelingt.

Mittlerweile ist die Sonne kurz rausgekommen. So langsam lässt man den Eiffelturm links liegen. Der Wind bläst mir immer noch entgegen. Nach zwei Stunden nehme ich mein vorletztes Gel zu mir. Ich glaube zu fühlen, wie es wirkt. Und das ist schließlich das Wichtigste. Jetzt passieren wir Roland Garros. Wie ich finde, eine recht popelige Anlage. Ich hatte es mir viel größer vorgestellt, aber wahrscheinlich war ich durch die ganzen anderen Protzbauten nur viel zu große Gebäude gewohnt. Jedenfalls eine weitere prestigeträchtige Sportstätte, die mich daran erinnert, was man doch so alles leisten kann, wenn man nur will.

Mittlerweile bekomme ich aber dann doch ein wenig Angst vor dem Mann mit dem Hammer. Was, wenn mich mein Gefühl getäuscht hat und ich am Ende komplett einbreche? Solche Experimente, einfach mal den Puls zu ignorieren, sind eigentlich nicht mein Ding. Und das auch noch im "wichtigsten" Rennen überhaupt für mich. Aber gut. Einfach machen. Nicht nachdenken. Ich wollte mich nicht mit Problemen auseinander setzen, die noch gar nicht akut waren. Wenn der Mann mit dem Hammer kommt, kommt er. Ich versuchte, diesen Zeitpunkt so lange wie möglich nach hinten zu schieben. Und dann würde schon eine gute Zeit rausspringen. Die Kilometer wurden jetzt subjektiv immer länger: 34, 35, 36... Meine Zeiten waren nicht mehr ganz so, wie ich mir das vorstellte. Zwischen 4:16min und 4:18min/km. Aber alles noch im Rahmen. Ich fing wieder mit der Rechnerei an. Wenn ich es schaffe, diesen Schnitt bis zum Ende zu halten, sollte es möglich sein, mit einem beherzten Schlussspurt noch unter die 3-Stunden-Marke zu kommen. Mir gefiel der Gedanke. Alles rausholen, was geht. Komplett an der Leistungsgrenze zu laufen. Aber ohne einzubrechen. Genau so hoffte ich, würde es funktionieren. Wir waren jetzt im Bois de Boulogne. Es gab hier mehrere Kurven und mir kam zum ersten Mal der Gedanke, dass ich kein Kurvenfan bin. Ich mochte die Sicht auf die Strecke vorher. Man wusste so immer, was kommt. Der Vorteil von Kurven war heute allerdings, dass Hoffnung bestand, den Wind einmal aus einer anderen Richtung als nur frontal ins Gesicht zu spüren. Irgendwie war der Wind aber zu arschig dafür und blies weiter kräftig in die Fresse. Oder von der Seite, was auch nicht hilft. Zumindest war so meine Wahrnehmung. Ich war mittlerweile doch ziemlich angestrengt und hatte Angst bei der nächsten Zwischenzeit feststellen zu müssen, dass ich mein Tempo nicht mehr halten konnte. Die Leute um mich rum waren in dieser Sache keine Hilfe. Viele waren ein ganzes Stück langsamer als ich. Kurzzeitig hatte ich immer wieder Begleiter, die aber entweder zurückfielen oder irre nach vorne spurteten (das war aber die Ausnahme). Der 3:00-Läufer mit der roten Fahne auf dem Rücken war ein Anhaltspunkt. Aber von ihm dachte ich sowieso, er sei viel zu schnell. Er war auch schon ein bisschen weiter weg als noch vor 20 Minuten. Ich verlor also ein wenig Zeit. Aber immer noch nichts dramatisches.

Meine Beine wurden jetzt zunehmend müder. Es waren noch drei Kilometer und 195 Meter zu laufen. Jetzt dachte ich, kommt der Mann mit dem Hammer auch nicht mehr. Und falls doch, hau ich ihm das Ding selbst in die Fresse. Die Erinnerungen sind an dieser Stelle nicht mehr ganz so klar. Ich versuchte auf jeden Fall nochmal an Tempo zuzulegen, rechnete nochmal die Zeit nach, die mir für die letzten 195 Meter blieb, wenn ich einen Schnitt von 4:15min/km halten konnte. Es mussten ungefahr 50 Sekunden gewesen sein - zumindest erinnere ich mich an diese Zahl. Ich hätte lieber eine Minute gehabt, dann wäre ich auf der sicheren Seite gewesen. Die hatte ich auch noch, als ich bei km30 nachrechnete. Aber irgendwo sind mir 10 Sekunden abhanden gekommen...

Die Zuschauer feuerten einen wirklich gut an, riefen "moins de 3 heures! Bravo!" Ja, mal sehen, dachte ich mir. Es ist so verrückt, da macht man Zehntausende Schritte und am Ende kommt es auf jeden einzelnen an. Aber immer ist der nächste Schritt der Allerwichtigste. Kilometer 40. Schnitt gehalten. Jetzt biegt man irgendwann auf eine leicht ansteigende Gerade ein. Neben mir ein Franzose, der laut redet. Wahrscheinlich feuert er einen Mitläufer an. Aber der ist gute 10 Meter hinter ihm. Ich glaube nicht, dass er ihn hört. Ich überhole sie, ziehe nochmal am Tempohebel - oder zumindest glaube ich das. Jetzt auf einmal rechts neben mir ein weiteres Läuferpaar. Eine Frau schreit auf deutsch ihrem Partner entgegen, dass gleich der letzte Kilometer kommt und er die Atmosphäre nochmal aufsaugen und alles geben solle. Ich halte diese Idee für plausibel und denke mir ähnliches. Frage mich gleichzeitig, wie die Frau noch so klug und problemlos daherparlieren kann. Da ist das Schild: km41. Ich gucke auf die Uhr: 5 Minuten vor der 3. Das heißt bei 4:15min//km bleiben mir 45 Sekunden für 195 Meter. Machbar. Jetzt muss ich mir aber auch mal in den Arsch treten. Eine Riesenchance habe ich hier. Die ganze Vorbereitung war doch ziemlich anstrengend, jetzt ist die Zeit, die Möglichkeit wahrzunehmen. Jetzt gilt es. Ich hau mir auf die Brust, feuer mich selbst an, lege einen Zahn zu und ich weiß, dass es klappen wird. Ich kann das Tempo noch erhöhen! Jetzt sehe ich auch nochmal meinen Vater, der mich an der wichtigsten Stelle des Rennens anfeuert. Ich rufe ihm zu, dass es knapp wird, aber bin mir sicher, dass es reicht. Jetzt kommt nochmal ein Kreisverkehr. Ich laufe ganz innen, vor mir wird einer plötzlich langsamer. Ich schiebe ihn kurz vor mir her um nicht zu stolpern und kann dann rechts an ihm vorbeiziehen. Jetzt biege ich auf die Avenue Foch ein. Zielgerade. Der Wind bläst kräftig von der Seite. Es geht leicht bergauf. Scheißegal. Noch 200m. Ein Blick auf die Uhr: 2:59:10. 50 Sekunden für 195 Meter. Ich hau' jetzt alles raus. Das ist mein Moment. Hierfür habe ich im Training echt geackert. So einen Schlussspurt habe ich noch nie hingelegt. Ich stapfe die letzten Meter im gefühlten Affenzahn bis ins Ziel. Eigentlich wollte ich jubeln, aber jetzt ist der Tank leer. Zum richtigen Zeitpunkt! Keinen Meter zu früh. Ich schaue auf die Uhr: 2:59:50! Ich kann nicht mehr tun, als meine Zunge raushängen zu lassen, etwas verkrampft zu lächeln und mich mehr nach innen zu freuen. Ich gehe locker aus, meine Beine fühlen sich überraschend gut an. Man läuft jetzt die Avenue Foch hoch, ich hoffe, was essbares zu bekommen. Es gibt aber nur eklige Bananen, die ich nicht so gut vertrage, Orangenstückchen und Rosinen oder sowas in der Art. Enttäuschend. Kein Croque Monsieur. Kein Crêpes. Kein Baguette. Immerhin Powerade und ein Wasser. Ein gelbes Finishershirt gibt es auch noch. Und ein blaues Regencape, das auch gut vor dem kalten Wind schützt, den ich jetzt wieder spüre. Ich laufe die Avenue bis ganz nach oben durch, finde nichts zu essen, störe mich aber auch nicht weiter dran, gucke mir meine Finishermedaille an und bin überglücklich. Auf die Toilette kann ich jetzt auch endlich. Wäre ich unterwegs pinkeln gewesen, hätte ich es nicht geschafft. Ich hätte keine Sekunde schneller laufen können. Es war das perfekte Rennen. Ich konnte genau das, was ich im Training über Monate vorbereitet hatte, an diesem Tag abrufen und es hat genau gereicht, um mein mir gestecktes Ziel zu erreichen. Und diese Gewissheit ist schon was Tolles. Dazu beigetragen hat mit Sicherheit, dass ich mir keinerlei Gedanken über den Puls gemacht habe. Am Ende hatte ich einen Schnitt von 177. Viel zu hoch eigentlich. Aber es hat ja gepasst.

Endlich die 2 vorne - FUCK YEAH!
Ich bin mit der Gewissheit, alles richtig zu machen gelaufen, habe nicht großartig nachgedacht und bin somit intuitiv genau so schnell gelaufen, wie ich konnte. Und das macht diesen Marathon so besonders für mich. Die Zeit ist was Großartiges, das ist klar. Fast genauso toll ist es aber, seinem Gefühl vertrauen zu können. Jetzt fühle ich mich irgendwie wie ein richtiger Läufer. Einer, der nach Gefühl laufen kann, der sich selbst richtig einschätzen kann - unabhängig von der Technik. Fantastisch.

Jetzt entspanne ich mich erstmal ein wenig. Gelaufen bin ich noch nicht wieder. Die Beine sind natürlich etwas angeschlagen. Aber am Samstag und Sonntag stehen zwei Volksläufe an. Ich werde sie ganz geruhsam laufen. Um dann in drei Wochen hier in Mainz wieder einen rauszuhauen!

Samstag, 14. April 2012

Road to Paris - noch 1 Tag: Den Kopf ausschalten


Allee in den Tuilerien

Morgen ist es endlich so weit: 12 Wochen hartes Training sollen sich auszahlen in einer neuen Bestzeit. Ich habe mir in den letzten beiden Tagen Paris angeschaut und denke, dass es ein beeindruckendes Erlebnis sein wird, hier einen Marathon zu laufen. Wenn man sich die Streckenführung anschaut, sieht man, dass diese attraktiver nicht hätte geplant werden können. Man startet auf dem Champs Elysées, läuft dann einmal durch die Innenstadt, Place de Concorde, Place de la Bastille, dann dreht man eine Runde im östlichen Stadtpark Bois de Vincennes, daran anschließend läuft man direkt an der Seine entlang, den Eifelturm immer im Blick. Zum Abschluss läuft man durch den westlichen Park Bois de Boulogne und das Ziel liegt auf einer großen Straße, die direkt auf den Arc de Triomphe zuführt.

Kurs des Parismarathons
Ich habe mir das Ziel gestern schon einmal angeschaut und der Blick auf den Arc de Triomphe wird für einige Schmerzen entschädigen, da bin ich mir sicher.
Eine Steinbrücke im Bois de Boulogne

Ich hatte heute nochmal eine unruhige Nacht. Ich mache mir Gedanken, wie ich das Rennen angehen soll. Ich werde versuchen, nicht zu schnell zu beginnen, vielleicht nicht direkt auf die Uhr schauen, sondern eher auf den Puls, damit ich auf der zweiten Hälfte schneller laufen kann. Deshalb muss ich mir jetzt erstmal keine Gedanken um die Endzeit machen. Ich kann es jetzt ja sowieso nicht mehr beeinflussen. Wenn ich die richtige Renntaktik wähle und mir nichts Unvorhergesehenes dazwischen kommt, werde ich eine Bestzeit erreichen, die weit unter 3:05 std sein wird. Und wenn alles perfekt ist, auch unter 3 Stunden.

Donnerstag, 12. April 2012

Road to Paris - noch 2 Tage: Ich will endlich laufen!

Eigentlich stimmt der Titel nicht. Ich bin ja schon in Paris. Am Mittwoch sind wir mit ca. 2,5std Verspätung angekommen. Auf die Deutsche Bahn war mal wieder Verlass - eigentlich bin ich kein Bahnhasser, aber wenn es einen wieder mal selbst trifft, mutiert man halt zu einem.
Mein Zeh hat die letzten beiden Tage mit viel Rumlauferei und Sightseeing gut überstanden. Gleich werde ich mal eine Runde durch den Bois de Boulogne drehen und schauen, ob sich der Zeh irgendwie meldet. Ich gehe aber mal nicht davon aus.

Gestern konnte ich dann auch meine Startnummer abholen. Dazu habe ich mir ein stilvolles Shirt des Paris Marathons gekauft, was ich wahrscheinlich auch beim Lauf selbst anziehen werde, da es hinten eine kleine Tasche für noch mehr Proviant hat und ich ohnehin schon die ganze Zeit auf der Suche nach einem Shirt mit Tasche war.

Unser Hotel, in dem wir für vier Nächte gebucht sind, ist sehr nett. Wir wohnen hier ganz oben im sechsten Stock, bekommen also vom Straßenlärm nichts mit. Dank der Ohrenstöpsel schlafe ich wie ein junger Gott (oder wie ein Baby, mir egal) und das Frühstück ist wirklich hervorragend, wenn auch mit 12 Euro nicht gerade billig.

Gestern haben wir uns schon die Champs-Elysées angeschaut, den Arc de Triomphe natürlich auch und die Tuilerien - den Park vor dem Louvre, für den wir uns einen gesonderten Tag nehmen wollen (vielleicht heute, vielleicht morgen). Das alles haben wir fußläufig erreicht, wir sind also ganz schön rumgekommen. Anschließend haben wir uns noch Notre Dame angeschaut. Man kennt ja diese ganzen Pflichtveranstaltungen in Prais. Es gibt einfach Gebäude, die muss man gesehen haben. Ist ja auch alles sehr schön, aber viel schöner ist es für mich, einfach durch die Stadt zu latschen und ein wenig vom Treiben dieser unglaublich großen Stadt mitzubekommen. Ganz besonders auffällig ist hier, dass hier gefühlt jeder Zweite mit nem iPhone (ab und an auch ein anderes Smartphone) entweder am Ohr oder in der Hand rumläuft und kommuniziert. Das habe ich noch nie so gesehen: Jeder hat ganz furchtbar wichtige Dinge zu erzählen und ich frage mich da, was diese Leute früher unterwegs gemacht haben. Hier wurde anscheinend wirklich durch ein Produkt ein Bedüfrnis erzeugt und jetzt glauben die Menschen, sie müssten es andauernd befriedigen.

Naja, ich berichte das nächste Mal wieder vom Laufen.

Montag, 9. April 2012

Road to Paris - Noch 5 Tage: Zeh okay

Da der Schmerz über Nacht nicht nachgelassen hat, war ich dann doch mal beim Orthopäden um die Ecke. Geröntgt wurde der Zeh und man sagte mir, ich hätte Glück. Er sei nur geprellt. Nun denn. Weh tut es trotzdem. Deshalb habe ich noch Voltarengel (hab ich zwar zuhause, aber viel hilft viel) und selbige Tabletten verschrieben bekommen. Allerdings max. zwei am Tag einnehmen. Ich habe in meinem Leben noch nie Schmerztabletten genommen, also sollten sie ja ordentlich wirken.

Road to Paris - noch 6 Tage: Nachtrag

So eine verdammte Scheiße. Habe mir vorhin den kleinen Zeh gestoßen. Er hat sich bereits blau verfärbt und ich weiß nicht, was ich machen soll... Gekühlt wird er jetzt. Mal schauen, was er morgen macht. Hier ein Beweisfoto (ja, sieht nicht so appetitlich aus):

Sieht so ein gebrochener Zeh aus?










Da fällt mir ein: Bei How I Met Your Mother bricht sich Marshall einen Tag vor dem New York Marathon einen Zeh... super. Ich fand das immer total unrealistisch. Wehe, so eine Scheiße hindert mich an meiner neuen Bestzeit.

Road to Paris - noch 6 Tage: Abhängen und aktiv entspannen

Gestern hatte ich noch einen letzten langen Lauf vor dem Marathon. 27km standen auf dem Plan. Ich habe mal 30km draus gemacht (das ist sehr sehr ungewöhnlich für mich, halte ich mich doch sonst sklavisch an Gott Steffnys Vorgaben). Ich bin ihn in 5:10min/km gelaufen (auch schneller als im Plan vorgegeben - dies jedoch, weil ich aus der Leistungsdiagnostik weiß, dass ich nen supi Fettstoffwechsel habe und 5:10min/km auch nicht sooo schnell sind). Der Puls war okay, ich hab mich gut gefühlt. Habe dabei auch mein neues Startnummernband ausprobieren können, was ich plane, auf die Reise nach Paris mitzunehmen. Damit kann ich bis zu vier Gels transportieren. Das Band erfüllt seinen Zweck. Leichte Probleme hatte ich am Anfang, weil ich nicht genau wusste, auf welcher Höhe ich es anbringen soll. Hängt es zu weit oben, scheuere ich mir nämlich an den doch erstaunlich scharfen Kanten der Gels meine Unterarme auf - habe mich zwei, dreimal böse gekratzt. Hängt es aber zu weit unten kann ich mir vorstellen, dass die Startnumer dann immer am Bein entlang schrabbt - dürfte auch nicht so geil sein. Naja, irgendwie wird das schon gehen und es sind eben die kleinen Dinge, die mich beim Laufen dann zum Grübeln bringen. Wenn man sonst keine Sorgen hat, ist ja alles in bester Ordnung. Mir kam auch die Idee, dass ich ein Gel extra für den Schluss aufbewahren könnte, um mir damit gegen Ende des Rennens in die Arme zu ritzen - und so von sonstigen Schmerzen abzulenken. Anschließend dachte ich dann, dass ich eventuell mal in psychologische Behandlung gehöre. Nun ja, wer weiß das schon?

Heute fühlen sich meine Beine schon wieder sehr gut an. Der Kilometerumfang wird jetzt nochmals deutlich reduziert und am Mittwoch habe ich nur noch eine kurze Intervalleinheit im Marathontempo vor mir. Danach geht es dann direkt nach Paris. Hier werde ich darauf achten, dass ich neben dem Sightseeing, was natürlich sein muss, weil Paris einfach unfassbar geil ist, genug Ruhe bekomme und ich nicht zu viel Quatsch in mich reinstopfe. Mal sehen inwiefern das möglich sein wird.

Meinen Trainingsplan habe ich bis hierher konsequent durchgezogen - jetzt müssen die Details in dieser Woche noch stimmen.Unwägbarkeiten gibt es diese Woche natürlich einige, ich bin noch nie einen Marathon im Ausland gelaufen und habe vorher auch noch nie vor einem Marathon in einem Hotel übernachtet. Aber damit werde ich umgehen müssen und letztlich gibt es immer Sachen, die ich nicht beeinflussen kann.

Donnerstag, 5. April 2012

Road to Paris - noch 10 Tage: Generalprobe geglückt!

Die ganze letzte Woche habe ich mir jetzt Gedanken darüber gemacht, wie ich diesen Marathon denn jetzt angehen will. Heute folgte dann nochmal ein letzter Test: 3 Intervalle à 5000 Meter im Marathontempo. Tja, also das Marathontempo ist ja eben das, was ich herausfinden wollte. Ich habe mir also vorgenommen, so zu laufen, wie ich es im Marathon auch immer mache: Den Puls nicht unbedingt über 170 zu treiben (das passiert meistens nach der Hälfte des Rennens, was aber voll okay ist). Und dann wollte ich mir die Zeiten anschauen. Und naja - es war ein traumhaftes Training. Ich lege mir vor dem Training immer schon meinen Pulsgurt an, um zu schauen, wie ich so drauf bin. Ist der Puls niedrig, wird auch das Training gut. So zumindest meine schlichte Logik, oder soll ich Aberglauben sagen. Zumindest sind meine Erfahrungen dementsprechend. Heute zeigte die Uhr bei mir im Sitzen einen Puls von 44 an. So niedrig war der lange nicht. Meinen Ruhepuls habe ich ewig nicht gemessen. Das letzte Mal, als ich meinen Puls direkt nach dem Aufstehen überprüft hatte, war er bei 42, das dürfte jetzt doch um einiges weniger sein. Jedenfalls war ich also guter Dinge. Das Einlaufen zeigte mir dann auch schon, dass da heute ein guter Tag bevorstand: 5:18min/km bei einem Durchschnittspuls von 131 Schlägen.

Dann stand das erste Intervall an. Ich lief die ersten 500m nach Gefühl los und überprüfte dann meine Geschwindigkeit: 4:08min/km. Puls: 162. Das ließ auf eine gute Runde hoffen. Ich pendelte meinen Puls bei ca. 165 ein und das Tempo blieb die ganze Zeit, nach dem etwas zu schnellen ersten Kilometer, bei ca. 4:12min/km. Am Ende des ersten Intervalls hatte ich eine Zeit von 21:01min - also ein Stückchen schneller als die ominösen 4:15min/km, die ich für unter 3h brauche. Und der Puls war bei 166 im Schnitt. Meine anaerobe Schwelle liegt bei 173, das habe ich neulich bei einer sportmedizinischen Untersuchung herausfinden lassen. Das heißt also, dass ich noch ein wenig Luft nach oben hätte. Meine Marathons laufe ich auch immer so in diesem Bereich, am Ende eben oft mit einem Puls >180, im Schnitt aber immer so um die 175, somit deckt sich der Test auch in Etwa mit meinen Erfahrungswerten.
Danach trabte ich 10min locker über die Maaraue. Auch das zweite Intervall lief gut: 4:14min/km bei 167 Schlägen/min. Auf dem Weg sprach mich dann ein älterer Herr an und fragte, die wievielte Runde ich denn jetzt schon unterwegs sei. Ich musste doch tatsächlich kurz nachdenken und rief "2!". Habe ihn danach noch zwei Mal gesehen und er hat mich freundlich angefeuert - sehr nett! Das dritte Intervall war dann genau im Marathontempo 4:15min/km mit Puls 166.

Fazit: Selten haben mir diese langen Intervalle Spaß gemacht. Heute war es einfach nur schön zu sehen, dass ich das Marathontempo ohne Anstrengungen über eine längere Distanz durchhalte. Ich war nicht ein einziges Mal im roten Bereich. Wenn ich diese Form auch nächsten Sonntag habe, werde ich die drei Stunden knacken. Dafür heißt es ab jetzt: Ausruhen, nicht mehr zu viel machen, locker laufen, viel schlafen. Letzteres wird wohl das größte Problem werden, da ich ab Mittwoch mit meinem schnarchenden Vater in einem Zimmer nächtigen werde. Ich werde einfach immer zuerst ins Bett gehen und versuchen, vor seinem variantenreichen Konzert einzuschlafen.