Montag, 19. August 2013

Die grüne Hölle von Nürnberg

... liest sich doch schon um einiges schmissiger als der letzte Blogposttitel.

Jetzt war es also mal wieder so weit! Ein Halbmarathon, auf den ich mich vorbereitet hatte, mein erster echter Wettkampf dieses Jahr. Ich wollte schnell sein, doch ich war mir nicht darüber bewusst, wie hügelig, nein, bergig (!) dieses Nürnberg bzw. seine bewaldete Umgebung doch ist.

Doch zunächst zu den grundlegenden Bedingungen: Wie war der Läufer drauf(der Läufer spricht gern von sich in der 3. Person), physisch und mental?

Physisch: Sehr gut! Ich hatte gut trainiert, vielleicht einige Trainingseinheiten zu flott absolviert, ab und an zwickte es doch an manchen Stellen, in den letzten beiden Wochen vor allen Dingen rechts im Oberschenkel bis hoch in die Hüfte. Da ich im Ignorieren solcher Sachen aber gut bin, gelang es mir, einfach mit etwas lockererem Tempo (in den Einheiten, in denen es auch vorgesehen ist), die Beschwerden raus zu laufen. Heute nach dem kräfteraubenden Lauf sind diese Schmerzen jedenfalls nicht mehr vorhanden. Ich hefte sie also unter der Kategorie "Scheiße, du bist jetzt 30, da tut wohl ab und an mal was weh" ab und wollte es hier auch nur der Vollständigkeit halber erwähnt wissen. Ansonsten komme ich mir immer noch ein wenig zu schwer vor. Der Blick in den Spiegel ist zufriedenstellend, aber es kann tatsächlich sein, dass ich im letzten Jahr ein bisschen zu viele laufunabhängige Muskeln im Fitnessstudio aufgebaut habe. Bin mir aber nicht ganz sicher, jedenfalls fühle ich mich etwas aufgebläht obenrum (kann aber auch an Schokolade, Keksen, Gummibärchen, Nutella, Schokobrötchen, Keksschokolade und Karamellwaffeln gelegen haben...). Von daher habe ich mir für die nächsten Wochen ein etwas anderes Krafttrainingsprogramm verordnet: Mehr Kraftausdauer, Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, viel Stabilisation und weniger Hanteltraining, was ich in letzter Zeit wirklich gerne und regelmäßig gemacht habe. Aber Marathontraining und Kraftsport passt halt nicht perfekt zusammen, deshalb wird das eine jetzt dem anderen untergeordnet. So, so weit, so unwichtig!

Mental: Hm, wie soll ich es beschreiben? Zunächst war da eine gewisse Unsicherheit, die ich nicht so von mir kenne. Ich wusste zwar, dass ich gut vorbereitet war, aber mein abgebrochener 10km-Testlauf war nicht gut für die Psyche. Es schlich sich so ein wenig der Verdacht ein, dass ich momentan vielleicht nicht leidensfähig genug bin.  Hä, was heißt das? fragt sich der Leser. Ja nun, leidensfähig halt, ihr wisst schon, wenn man nicht mehr kann, gerade dann aber nochmal einen drauflegen wollen, sowas in der Art.
Für den gestrigen Lauf wollte ich also auf alle Fälle alles geben und mich an meinen Vorgaben festhalten. Ich wollte unter 1:27 laufen - 4:08min/km. Auch wenn es weh tat. Andererseits war eine gewisse Unsicherheit da, da seit ein paar Wochen meine GPS-Uhr von Garmin den Geist aufgegeben hat und ich bislang noch keinen Ersatz habe. Der Grund, für die, die es interessiert, ist ein Wasserschaden, der sich mit der Zeit ins Gerät gefressen hat, erst ging der Ton nicht mehr, dann fiel sie sporadisch aus, dann ging sie nicht mehr an - ergo: tot. Durch die kleinen Lautsprecheröffnungen der Garmin Forerunner 305, die sich an der Unterseite der Uhr befinden, gerät bei sportlicher Betätigung kontinuierlich Flüssigkeit (Schweiß) in das Gerät. Mit der Zeit korrodiert das Innere. Vermeiden lässt sich das nur durch Abkleben der Öffnungen, ein Hinweis, der für meine Uhr leider zu spät kam. Durch ihren Tod war ich also gezwungen, nach Gefühl zu laufen. Das geht ja auch ganz gut. Aber ich liebe es, meine Laufleistung permanent überprüfen zu können. Jedenfalls war das ein kleiner Störfaktor in der Vorbereitung. Im Rennen hat er mich nicht mehr gejuckt. Die Intervalle bin ich ja auch dann auf der Bahn gelaufen, so konnte ich meine Leistung ja auch gescheit überprüfen (sagte er, um sein Pedanten-Ich in die Schranken zu weisen).

Mit dieser Unsicherheit, nicht genau zu wissen, wie ich auf Anstrengungen reagieren würde (Schwanz einziehen oder weiter keulen, wie es letztes Jahr einige Male perfekt gelang), ging ich also ins Rennen. Es war perfektes Laufwetter, angenehm kühl im Schatten der Bäume und mit leichter Verzögerung fiel dann auch der Startschuss. Das Rennen fand fast komplett auf Waldwegen statt und schon zu Beginn ging es stetig leicht bergauf und -ab. Den ersten Kilometer absolvierte ich in genau 4:08min. Gut! Nicht zu schnell angegangen. Den zweiten Kilometer hatte ich nicht auf dem Schirm, ich rechnete bereits damit, dass ich einige Kilometerschilder verpassen würde, da diese unten rechts auf dem Boden standen und sich dank ihrer Beschaffenheit (Holz!) wunderbar in das Landschaftsbild (grün!) fügten und man sie so erst recht spät erkannte. Ich wollte einfach bei Kilometer 3 wieder auf die Uhr schauen (normale Pulsuhr mit Zeitanzeige, back to the roots... irgendwie zumindest).

Doch da sah ich die vor mir Laufenden schon die erste Serpentine hochjagen. Es ging scharf rechts hoch und dann für mindestens 200m ziemlich steil bergauf. Ich wollte zügig den Anstieg hoch, aber der war echt heftig und so war es unmöglich, das Tempo zu halten. Ich versuchte dann auf dem Bergabstück ein wenig schneller zu machen. Danach folgte ein recht flacher Abschnitt, so dass ich die beiden Kilometer in insgesamt 8:19min absolvieren konnte. Immerhin! Kilometer 4 war dann auch flach und ich lief ihn in 4:00min. Ziemlich fix, ich schaute auf den Puls, der dank der Steigung richtig auf Touren kam und seitdem konstant über 180 war. Ich versuchte ihn nicht über 185 steigen zu lassen, schaute aber nicht drauf wenn ich wirklich am kämpfen war (Realitätsverweigerung und so). Es ging nun einige Kilometer recht zügig vorwärts, die nächsten Zahlen sind mir auch gerade nicht präsent, ich lag aber ziemlich gut im Rennen, einige Kilometer waren deutlich unter 4:08min, 4:03, 4:04. Wurde es hügeliger, waren es dann aber auch 4:15 oder 4:20. Irgendwann auf der ersten Streckenhälfte ging es dann wieder ziemlich bergab, leider so steil, dass ich nicht in der Lage war, Zeit gut zu machen, sondern eher aufgepasst habe, dass ich mich auf dem rutschigen Schotter nicht hinlegte. Auf's Gesicht bin ich dieses Jahr doch schon gefallen.

Es ging nun in Richtung der 10km-Marke. Ich lief übrigens bis dahin komplett alleine, ca. 50m vor mir befand sich eine kleine Gruppe, ca. 6 Mann. Was hinter mir los war, weiß ich nicht, zweimal liefen Läufer an mir vorbei, die sich das Rennen gut eingeteilt zu haben schienen. Nach etwa 10km holte ich aber einen Läufer ein, der von einem Radfahrer begleitet wurde. Langsam kam ich näher, sie hörten mich schon von hinten heranlaufen, so dass der Läufer mich vorbei winken wollte. Ich bemerkte nur knapp: "Immer langsam!" ganz so fix war ich ja nun auch nicht. Ich lief aber zu ihm auf und wir liefen einige hundert Meter gemeinsam. Wir befanden uns nun in einem nicht bewaldeten Stück und hier merkte man die Sonne und die Wärme doch deutlich. Aber ich fühlte mich noch gut und war froh, dass der Läufer neben mir nicht wieder an mir vorbei zog, sondern es so wirkte, als wollte er sich an mich dran hängen. Das war auch gut so, denn kurz darauf ging es rechts ab und es folgte ein weiterer Anstieg. Und das war kein Kindergartenanstieg wie der zu Beginn. Es war eine langgezogene Gerade, die, so weit man gucken konnte, nur bergauf ging. Erst moderat und dann nicht mehr feierlich. In Etwa die Art Anstieg, die man früher als Kind mit dem Fahrrad viel zu schnell hochgefahren wäre, bloß um die letzten 500m schieben zu müssen. Ich dachte mir nur "was für eine Scheiße", lachte etwas zu laut vor mich hin, verabschiedete mich innerlich von jeglichem Zeitziel und... oh Wunder, lief diesen Berg hoch. Der Kollege neben mir machte mir Mut und sagte, dass wir das schon packen. Sehr nett! So liefen wir recht einträchtig da hoch, keuchend, innerlich weinend. Als der Anstieg dann fast geschafft war, zog ich nochmal an und versuchte, den letzten Hügel flott zu überlaufen. Gelang mir ganz gut, meinen Laufkollegen hatte es dabei wohl zerrissen, ich sah ihn daraufhin nicht mehr. Was ich hingegen vor mir sah, war ein schlechter Scherz: Es ging fast genau so lang und fast genau so steil wieder hoch! Wir waren jetzt bei km12, Kilometer 10-11 waren in 4:34min/km und Kilometer 11-12 in grandios beschissenen 4:50min/km absolviert worden.

Aber ich konnte mir nichts vorwerfen, ich war an der Kotzgrenze und versuchte trotzdem, nicht nachzulassen. Der Puls war auch bei unangenehmen 186, also konnte ich die Sorge, nicht richtig leiden zu können, zumindest für diesen Tag begraben.

Ich nahm nun, später als gedacht, mein Powergel (mit Koffein, da bin ich leicht abergläubisch) zu mir und hoffte, dass es irgendeinen Effekt hatte. Aber ich muss zugeben, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon ganz schön am Ende war. Und es ging bis Kilometer 13 immer noch nicht bergab, sondern immer wieder leicht hoch und zeitweise war es auch mal wieder flach. Dann folgte irgendwann eine Rechtskurve, die mir signalisierte, dass es nun wieder Richtung Start/Ziel ging. Ich ging davon aus, dass der schwerste Teil nun hinter mir lag und versuchte das Tempo wieder anzuziehen. Der nächste Kilometer war aber auch nur in 4:26min zu schaffen. Aber so langsam ging es mir wieder gut und jetzt gab es tatsächlich ein paar Bergabpassagen, auf denen ich meine verlorene Zeit wieder reinholen konnte. Zumindest ein wenig. Die 1:27 hatte ich längst verworfen, ich wollte nun unter 1:30 bleiben. Meine Zeiten pendelten sich zwischen 4:10 und 4:20min/km ein. Jetzt werden die Erinnerungen ein wenig vage, ich weiß nur noch, dass es immer wieder lange Passagen gab, die unangenehm waren, weil sie leicht bergauf gingen. Die Bergabpassagen kamen zwar, aber ich konnte nicht mehr so beschleunigen, wie ich das wollte. Als die letzten beiden Kilometer anbrachen, schaute ich auf die Uhr und sah, dass wenn ich diese mit einem Schnitt von 4:10min/km bewältigte, ich doch noch unter 1:30 bleiben könnte. Jetzt war mein Ehrgeiz wieder gepackt und ich drehte nochmal an der Temposchraube. Von hinten kam ein weiterer Läufer immer näher, er schob sich irgendwann auch an mir vorbei, irgend so ein alter Zwerg mit zu vielen Haaren an den Armen und zu wenigen auf dem Kopf! Gut, er hat mich gelatzt, gebe ich zu. Beeindruckend, diese alte Menschen! Aber beim Vorbeilaufen hat er es doch tatsächlich fertig gebracht und mich auf dem Feldweg, der doch mindestens vier Meter breit ist, so zu überholen, dass er mich dabei mit seinen ekligen Armhaaren berührte. Ich sagte nichts, ich war selbst relativ übel im roten Bereich, wären diese blöden Berge nicht gewesen, hätte ich ihn stehen lassen! Jedenfalls gab ich ordentlich Gas, doch das Kilometerschild wollte und wollte nicht kommen. Hatte ich es etwa wieder verpasst? Nein, da war es! 4:11min/km! Zu langsam, das konnte doch nicht sein.

Ich erhöhte nochmal das Tempo, näherte mich dem alten Armhaarmann wieder an. Dann kam km21, nach einer gefühlten Ewigkeit: 4:34min/km. Okay, hier stimmte irgendwas nicht, dachte ich mir. Ich rannte die letzten 100m mit gefühlten 20km/h. Ich drückte die Uhr ab. Und angeblich hatte ich für die letzten 100m 43 Sekunden gebraucht... ganz offensichtlich war auf den letzten Kilometern und vor allen Dingen auf den letzten 100m etwas mit der Distanzmessung daneben gegangen. Es kann ja durchaus sein, dass ich nicht mehr wirklich schneller geworden bin, aber so langsam war ich auf keinen Fall. Die letzten 100m waren mindestens 200m gewesen. Ich kam also in 1:30:50 in's Ziel. Hätte ich vorher gehört, dass ich so eine Zeit laufen würde, hätte ich wohl auf der Stelle angefangen zu weinen. Aber nach dem Rennverlauf und der Strecke, die sehr wahrscheinlich ein Stückchen zu lang war, bin ich doch sehr zufrieden mit mir. Ich habe mir beweisen können, dass ich doch noch in der Lage bin, ordentliche Schmerzen aushalten zu können und dass ich, auch wenn es eklig wird, nicht aufgebe. Viel mehr kann ich von diesem Vorbereitungsrennen nicht verlangen. Und so gehe ich sehr guter Dinge in die Marathonvorbereitung, die morgen startet! Ich bin mir sicher, dass ich einen guten Marathon laufen werde und ich bin mir sicher, dass, wenn ich mich nicht verletze, am Ende eine neue Bestzeit stehen wird.

Also dann! Los geht's (sagte er und ging in die Heija)

Montag, 12. August 2013

Fazit des ersten Trainingsblocks

Ja, das ist doch mal ein unfassbar langweiliger Titel! Jetzt sind es noch 6 Tage bis zum Halbmarathon und ich habe meinen Trainingsplan fast perfekt absolvieren können. Eine Woche konnte ich nicht absolvieren, da ich zwei Tage mit einer Magendarm-Geschichte flach lag und somit alle Läufe bis auf den langen am Sonntag ausfallen lassen musste. Vorletzten Sonntag hätte ein 10km-Lauf angestanden, den ich aber lieber durch einen weiteren langen Lauf (naja, 20,5km) ersetzt habe. Übermütig wie ich war wollte ich den 10er unter Woche nachholen. Da ich auf der Bahn gelaufen bin, ich nicht richtig motiviert war und mich nicht quälen wollte, habe ich nach fünf Kilometern aufgehört und es in eine harte Tempoeinheit uminterpretiert, die zufällig genau an diesem Tag auch in meinem Plan stand. Von daher bin ich also gut vorbereitet, bis auf die Tatsache, dass ich keinen Testwettkampf vorher hatte - aber irgendwie ist ja dieser Halbmarathon auch nicht mehr als eine Standortbestimmung auf dem Weg zum Frankfurt Marathon, dessen Vorbereitung übrigens in genau einer Woche beginnt.

Anfangs dachte ich mir ja, dass ich für diesen HM eine neue Bestzeit würde laufen können. Aber das wird wohl nicht drin sein. Ich habe immer noch mindestens zwei Kilo zuviel auf den Rippen und ich befürchte, dass mir das Marathontraining an sich besser zu Gesicht steht, als es dieser HM-Trainingsplan jetzt getan hat. Das heißt, dass ich mit dem spezifischen Marathontraining glaube, bessere Leistungssprünge zu schaffen, weil ich dabei mehr Umfänge und geringere Intensitäten trainiere. Und dass ich letztlich den nächsten Halbmarathon, den ich Anfang Oktober wieder in Nürnberg laufen will, deutlich flotter wird als der jetzt anstehende. Was sich komisch anhört, weil ich doch jetzt einen Halbmarathon Trainingsplan absolviert habe und dieser eigentlich besser vorbereiten sollte als ein Marathonplan...

Ich glaube einfach, dass das Ereignis eines Marathons an sich schon mehr Motivation, mehr Ehrgeiz und mehr Disziplin in mir hervor ruft. Zumindest im Training und was mein Ernährungsverhalten betrifft. Da schwanke ich immer zwischen Himmel und Hölle. Einen Tag gibts ganz brav Müsli, körnigen Frischkäse, Gemüse, Hühnchen usw. und am anderen wieder Pizza, Nutellabrötchen und Unmengen an Süßigkeiten...

Jedenfalls bin ich aber für das Rennen an sich am Sonntag hochmotiviert und freue mich auf den ersten richtigen Wettkampf dieses Jahr. Ein Zeitziel habe ich noch nicht, morgen werde ich nochmal Intervalle im HM-Tempo machen. Welches das dann sein wird, wird sich zeigen. Ich gehe mal von einer Endzeit zwischen 1:27 und 1:28 aus. Bei guter Tagesform vielleicht auch besser, wenn ich wieder zu schnell loslaufe wohl schlechter. Deshalb werde ich das Rennen vorsichtiger angehen.